In Mühlen steht 130 km von der Küste entfernt die älteste Seefahrerschule des Oldenburger Landes.

Die Einrichtung der Schule war eine Folge der bäuerlichen Sozialstruktur der Region mit ihrem Heuerlingswesen. Heuerleute waren selbstständige Landwirte, die aber weder Wohnung noch Grundeigentum besaßen, sondern die von ihren Bauern im Gegenzug für regelmäßige Abgaben in Form von Naturalien oder Geld sowie einer meist unentgeltlichen Arbeitsverpflichtung gestellt erhielten. Oft reichte das Einkommen aus der Landwirtschaft nicht aus, um das Überleben der Familie zu sichern. Angewiesen auf Nebenerwerb wie Spinnen, Weben, Sticken, Körbe- und Besenbinden wandte man sich nach dem 30-jährigen Krieg auch dem Hollandgang ("Gras mähen") zu. Mit dem Beginn des 19. Jh. sah man im Heringsfang („Büsgang") und auf der „Großen Seefahrt" mit den sog. Kauffahrtteyschiffen die große Chance, seine wirtschaftliche Lage zu verbessern.

Die Einrichtung einer Nautischen Schule in Mühlen ist auf die Initiative des Lehrers Johann Heinrich Rabe zurückzuführen. Sein Ziel war es, den Söhnen der Heuerleute, die mangels Arbeitsplätzen in der Region fast alle im Sommer zu See fuhren, nautische Kenntnisse beizubringen. Der Nachweis von nautischen Kenntnissen brachte eine höhere Vergütung mit sich.

Nachdem Rabe sich das Wohlwollen des Amtes Steinfeld gesichert hatte, wandte er sich im Jahr 1817 an die herzogliche Kammer in Oldenburg, eine nautische Schule einrichten zu dürfen. Die Regierung in Oldenburg bejahte das Vorhaben am 11. August 1817. Rabe musste aber noch Zeugnisse zum „Beweis der Kenntnisse im Fach Steuermannskunst" vorlegen, die er durch eine Prüfung bei Prof. Braubach in Bremen im Fach Steuermannskunst erlangen konnte und im Oktober 1817 dem Amt Steinfeld vorlegte. Am 15. November 1817 bewilligte die Regierung in Oldenburg 150 Reichstaler Gold zur Anschaffung der nötigsten Bücher und Instrumente für den nautischen Schulunterricht. Alle Stellen waren von der Notwendigkeit einer nautischen Schule in der Region überzeugt und große Hoffnungen wurden für die Zukunft in sie gesetzt. Die großen Hoffnungen erfüllten sich indes nur teilweise.

Bis ins Jahr 1831 wurde in der Seefahrerschule unterrichtet. Am 16. Mai 1831 wurde das Amt Steinfeld von der herzoglichen Regierung in Oldenburg aufgefordert, über das Fortbestehen und die Erfolge der nautischen Schule in Mühlen zu berichten. Dabei wurde eingeräumt, dass die Schule die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe. Schuld daran hatte aber nicht der Lehrer Rabe, sondern letztlich scheiterte die Schule am Schulgeld, das die zur See fahrenden Heuerleute nicht aufbringen wollten oder konnten. Trotz recht geringer Kosten für den Unterricht verließ man sich darauf, dass die praktisch erworbenen Kenntnisse auf See für ein auskömmliches Einkommen sorgen würden. Die Schließung der Seefahrerschule hatte jedoch keinen Einfluss auf die Mühlener Seefahrertradition. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurde zur See gefahren. In jeder alteingesessenen Familie waren Seefahrer zu Hause.

Die Seefahrerschule wurde nach 1831 abgerissen und an anderer Stelle in Mühlen beim Landwirt Themann „Menken" up ' n Brink (Mühlenstraße) wieder aufgebaut. In der Zeit von 1831 bis 2000 diente die „Seefahrerschule" als Stall verschiedener Tiere. Im Jahr 2000 wurde auf Initiative des Heimatvereins Mühlen die Seefahrerschule in der Mühlenstraße abgebaut und in unmittelbarer Nähe ihres ehemaligen Standortes an der Münsterlandstraße wieder aufgebaut, grundlegend saniert und mit viel Herzblut eingerichtet. Sie dient seitdem als Museum und ist eine der Sehenswürdigkeiten im Dorf Mühlen. Führungen, ggf. mit einer Unterrichtsstunde im damaligen Stil, werden von den Gästeführern des Heimatvereines ganzjährig angeboten.

 

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